Europaparlament: keine Förderung von Gentechnologien in der Entwicklungspolitik

Am 6.10.2021 forderte das Europaparlament bei seiner Plenarsitzung die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten mit seinem Bericht zur “Rolle der Entwicklungspolitik bei der Bekämpfung des Verlusts der biologischen Vielfalt in den Entwicklungsländern im Zusammenhang mit der Umsetzung der Agenda 2030” dazu auf, die Rechte zukünftiger Generationen aktiv zu schützen, keine Gentechnologien mit Geldern der Entwicklungshilfe zu fördern und insbesondere die Freisetzung von Gene Drive Organismen nicht zu gestatten.

Mareike Imken, Koordinatorin der europäischen Stop Gene Drive Kampagne, begrüßt diese Entschließung:
„Das Europaparlament bestärkt hier zum dritten Mal in Folge seine Forderung, die Gene Drive Technologie aus Vorsorgeerwägungen nicht einzusetzen. Diese Forderung ist auch deshalb so wichtig, da erste Feldversuche mit der Gene Drive Technologie in den nächsten Jahren in Burkina Faso durch das Projektkonsortium Target Malaria umgesetzt werden sollen.“ So hehr das damit verfolgte Ziel, die Malaria bekämpfen zu wollen – so wichtig sei es auch, die unvorhersehbaren und möglicherweise katastrophalen Konsequenzen der grenzüberschreitenden, unkontrollierbaren und unwiderruflichen gentechnischen Veränderung oder Ausrottung von Mücken nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ich fordere EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten dringend dazu auf, die Forderungen des Europaparlaments national und international umzusetzen!“ so Imken.

In Paragraf 32 vertieft das Europaparlament seine Forderung vom 8. Juni 2021 aus der EU-Biodiversitätsstrategie und seiner Entschließung vom 16. Januar 2020 zur 15. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Biodiversitätskonvention:

„[Das Europäische Parlament] stellt fest, dass die Gene Drive Technologie wie bei genetisch veränderten Mücken zur Eindämmung von vektorübertragenen Krankheiten schwerwiegende und neuartige Gefahren für Umwelt und Natur darstellen, darunter unumkehrbare Änderungen in den Lebensmittelversorgungsketten und Ökosystemen sowie Verluste an biologischer Vielfalt – eine Vielfalt, auf die die Ärmsten der Welt für ihren Lebensunterhalt angewiesen sind; bekräftigt seine Besorgnis angesichts der neuen Herausforderungen in den Bereichen Recht, Umwelt, biologische Sicherheit und Regierungsführung, die sich aus der Freisetzung von durch Gene Drive veränderten Organismen in die Umwelt ergeben könnten, selbst wenn die Freisetzung zu zum Zwecke der Erhaltung der Natur erfolgt; bekräftigt, dass die freie, vorherige und in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung der indigenen Völker und lokalen Gemeinschaften eingeholt werden muss, bevor Technologien eingeführt werden, die sich auf deren traditionelles Wissen, Innovation, Gebräuche und Lebensumstände sowie auf die Landnutzung und den Ressourcen- und Wasserverbrauch auswirken können; betont, dass dabei alle möglicherweise betroffenen Bevölkerungsgruppen im Vorfeld auf partizipative Weise einbezogen werden müssen; vertritt die Auffassung, dass Genantriebstechnologien Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Schwierigkeiten geben, das Verhalten der betroffenen Organismen vorherzusagen, und dass durch Genantrieb veränderte Organismen sich selbst zu invasiven Arten wandeln könnten, weshalb nach Maßgabe des Vorsorgeprinzips die Freisetzung von durch Gene Drive veränderten Organismen nicht gestattet werden sollte, auch nicht zum Zwecke der Erhaltung der Natur“

Aus Sicht von Mareike Imken, wäre es ein wichtiger weiterer Schritt, auch angesichts der schlechten Erfahrungen mit patentiertem gentechnisch verändertem Saatgut in Afrika und Lateinamerika, die Forderung in Paragraf 28 des Europaparlaments in nationalen Entwicklungshilfeprogrammen umzusetzen. In Paragraf 28 fordert das Europäische Parlament die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich dazu auf, „den Verpflichtungen der Union aus internationalen Übereinkommen Rechnung zu tragen und zudem dafür Sorge zu tragen, dass in Entwicklungsländern mit Geldern aus der Entwicklungshilfe keine Technologien zur genetischen Veränderung gefördert werden.“

Bei dieser Entschließung handelt es sich um eine unverbindliche Stellungnahme des Europäischen Parlaments mit Empfehlungen zur internationalen Zusammenarbeit auch in internationalen Konventionen wie UN CBD, UNEP, FAO und Handelsabkommen. Um diese Empfehlungen umzusetzen, müsste die EU-Kommission sie in einem eigenen Legislativvorschlag aufgreifen, der dann vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten bestätigt werden müsste. Diese Empfehlungen könnten ihren Weg jedoch auch in weniger formell vereinbarte Verhandlungspositionen der EU bei ihrer internationalen Arbeit finden.

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Zur Entschließung:

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Oktober 2021 zu der Rolle der Entwicklungspolitik bei der Eindämmung des Verlusts an biologischer Vielfalt in Entwicklungsländern vor dem Hintergrund der Umsetzung der Agenda 2030 (2020/2274(INI)) – Para 32 zu Gene Drives.

 

Vorherige Resolution des Europaparlaments zu Gene Drives:

Bericht über das Thema „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030: Mehr Raum für die Natur in unserem Leben (2020/2273(INI)) – Para. 148 zu Gene Drives

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Januar 2020 zu der 15. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP15) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (2019/2824(RSP)) – Para. 15 zu Gene Drives