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Interview mit Ali Tapsoba

Die Gene Drive Technologie birgt hohe Risiken. Dennoch wird sie von der Bill & Melinda Gates Foundation als Maßnahme gegen Malaria propagiert. Anlässlich des Welt-Malaria-Tages startet die Stop Gene Drives Kampagne ein Projekt, das verschiedene Perspektiven auf alternative Möglichkeiten der Malariabekämpfung aufzeigt.

In diesem Interview mit Ali Tapsoba de Goamma, Umwelt- und Menschenrechtsaktivist in Burkina Faso, Präsident der Organisation Terre a Vie und Sprecher für ein ziviligesellschaftliches Bündnis aus 60 Organisationen gegen die Freisetzungsversuche mit Gene Drive Mücken in seinem Land, wollten wir von ihm erfahren, mit welchen Maßnahmen in Burkina Faso bislang gegen Malaria vorgegangen wurde. Außerdem ordnet er für uns ein, wie die lokale Bevölkerung und Öffentlichkeit in seinem Land auf die angekündigten Feldversuche mit Gene Drive Mücken reagiert.

 

Herr Tapsoba, welche Maßnahmen wurden ergriffen, um Malaria in Burkina Faso zu stoppen? Welche waren erfolgreich, welche nicht? Welche wurden noch nicht versucht? Welche zusätzlichen Maßnahmen wären in Burkina Faso erforderlich, um das Leiden an Malaria zu beenden?

Trotz der Bemühungen der Regierung ist Malaria nach wie vor die Hauptursache für Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle in Burkina Faso. Über den Verlust von Menschenleben hinaus wirkt sich Malaria auch auf die Wirtschaft aus, behindert die Produktivität und belastet das Gesundheitssystem erheblich.
Die Letalitätsrate der Malaria ist jedoch seit 2015 deutlich auf unter 1% gesunken.
Die wichtigsten Vektoren zur Übertragung der Krankheit sind die Mückenarten Anopheles gambiae und die Anopheles funestus.

Mögliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Malaria in Burkina Faso:

  • Verteilungskampagne der MILDA (Moustiquaires Imprégnées d’Insecticide à Longue Durée d’Action, Insektizid-imprägnierte Moskitonetze mit langer Wirkungsdauer).
  • Verwendung von Repelletien in geschlossenen Räumen und auf Kleidungsstücken.
  • Praxis der TPI (Traitement Préventif Intermittent du paludisme, Intermittierende vorbeugende Behandlung von Malaria mit oraler Medikamenteneinnahme von Amodiaquin) und der CPS (Chimioprévention du Paludisme Saisonnier, Saisonalen Malaria-Chemoprävention. Hierbei werden die Malariamedikamente Sulfadoxin-Pyrimethamin und Amodiaquin verabreicht, um einer Infektion vorzubeugen.)
  • Hygiene im Lebensumfeld: Errichtung von Kanalisationssystemen, Reinigung von Dachrinnen, Änderung der Methoden zur Wasserspeicherung.
  • Larvenbekämpfung
  • Das Besprühen von Innenräumen mit Insektiziden.
  • Verteilung von routinemäßigen Moskitonetzen an schwangere Frauen und Kinder unter einem Jahr,
  • Stärkung der Prävention für schwangere Frauen

Von diesen Methoden funktioniert bisher die Verteilungskampagne der MILDA, die Verwendung von Repellentien und die präventiven Behandlungsmethoden gut.
In geringerem Maße wurden jedoch die Maßnahmen zur Verbesserung der Hygienebedingungen, das Besprühen von Innenräumen mit Insektiziden und die Larvenbekämpfung umgesetzt. Diese drei Maßnahmen sowie die Verwendung von Heilpflanzen in der Präventiv- und Heilbehandlung als auch Bildungsmaßnahmen zur Verhaltensänderung sollten jedoch verstärkt angegangen werden.


Wie wird der Einsatz der Gene Drive Technologie in Ihrem Land im Vergleich zu anderen Maßnahmen zur Bekämpfung von Malaria diskutiert? Versteht die lokale Bevölkerung, wie die Technologie funktioniert? Stimmt sie zu, diese Technologie zu testen / zu verwenden?

Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind in Burkina Faso umstritten. Wissenschaftler*innen und Verbraucher*innen haben zum Beispiel gentechnisch veränderte Baumwolle abgelehnt.
Gene Drives, die sich noch nicht in der Anwendung befinden, sind ein umstrittenes Thema. Ein Bericht von Target Malaria über die Freisetzung von 6400 gentechnisch veränderten Mücken (keine Gene Drives) im Juli 2019 besagt, dass es nicht das Ziel war, Malaria zu bekämpfen, sondern zu testen, wie lange diese Moskitos leben, wie fähig sie sind, sich an die natürliche Umgebung anzupassen, und wie sie sich ausbreiten.

Die Bürger von Burkina Faso lehnen die künftige Nutzung dieser Technologie kategorisch ab. Der Widerstand hat es ermöglicht, eine Freisetzung im Jahr 2020 zu blockieren. Und wir werden eine Freisetzung auch weiter verhindern.
Die Menschen in Burkina Faso wissen nichts über Gene Drives. Selbst die Wissenschaftsgemeinschaft hat Schwierigkeiten, diese Technologie zu verstehen. Es gibt keine vorherige, freie und informierte Zustimmung zur Freisetzung von Gene Drives und es gibt keine Rechtsvorschriften zu diesem Thema in Burkina Faso.

Abschließend möchte ich sagen, dass Malaria zu einem Geschäftsmodell in Afrika geworden ist. Es ist eine Gesundheitsmafia, die der Pharmaindustrie und einigen Regierungen zugutekommt. Ich zweifle stark an den Statistiken, die von den Gesundheitsbehörden veröffentlicht wurden. Um Malaria in Afrika zu bekämpfen, genügt es, eine gute Politik der Hygienesanierung zu entwickeln, einen Plan für die ökologische Gestaltung  der Städte und Dörfer zu erstellen,  die Ökosysteme und die biologische Vielfalt zu erhalten, die  Alphabetisierungsrate  zu erhöhen und eine  tugendhafte  Regierungsführung in den Staaten zu gewährleisten.

 


Weitere Interviews haben wir geführt mit:

Andreas Wulf von Medico International, Referent im Berliner Büro für globale Gesundheitsfragen, der uns Auskunft gibt über die Rolle der Bill & Melinda Gates Stiftung in der internationalen Gesundheitspolitik und seine Sicht auf notwendige Bedingungen für die Umsetzung des Menschenrechts auf Gesundheit in Afrika darlegt.
Hier geht’s zum Interview

Pamela J. Weathers, Professorin und Forscherin am Worcester Polytechnic Institute in Massachusetts, USA, zu der Wirksamkeit und umstrittenen Sicherheit von Artemisia Tee-Aufgüsse zur Behandlung oder Vorbeugung von Malaria.
Hier
geht’s zum Interview

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Auf folgende Quellen bezieht sich Herr Tapsoba:

  1. World Health Organisation (2019). World Malaria Report 2019 World Health Organisation (2019).
  2. USAID President’s Malaria Initiative FY 2019 Burkina Faso Malaria Operational Plan
  3. USAID 2017: Financing of Universal Health Coverage and Family Planning - A Multi-Regional Landscape Study and Analysis of Select West African Countries: Burkina Faso
  4. Universal Health Partnership coverage (2019). http://uhcpartnership.net/country-profile/burkina-faso/(le lien est externe)(link is external)
  5. L’Économiste du Faso 2016
  6. https://www.la-croix.com/Sciences-et-ethique/Le-paludisme-lautre-epidemie-devastatrice-2020-07-17-1201105379
  7.  https://www.jeuneafrique.com/654776/societe/burkina-controverse-autour-de-moustiques-ogm-contre-le-paludisme/
  8. https://www.lemonde.fr/afrique/article/2018/06/29/des-moustiques-ogm-contre-le-paludisme-le-projet-qui-fait-debat-au-burkina_5323380_3212.html

Interview with Ali Tapsoba

Gene drive technology carries high risks. Yet it is being promoted by the Bill & Melinda Gates Foundation as a solution to malaria. On the occasion of World Malaria Day, the Stop Gene Drives campaign is launching a project that presents different perspectives on how to combat malaria.

Ali Tapsoba de Goamma is a human rights activist and spokesman for an alliance in Burkina Faso against the release of Gene Drive mosquitoes in his home country. In this interview with him we wanted to know which malaria control measures have benn implemented in his country so far. We also ask for his perception on the attitude of the local population towards the planned field trials with Gene Drive mosquitoes.

Mr. Tapsoba, which measures have been applied to stop Malaria in Burkina Faso? Which were successful, which not? Which have not yet been attempted?  Which additional measures would be needed in Burkina Faso to end the suffering from Malaria?

Despite government efforts, malaria remains the leading cause of medical visits, hospital stays and deaths in Burkina Faso. Beyond loss of life, malaria also impacts the economy, hampers productivity, and places a significant burden on the health system.
However, the lethality rate of malaria has dropped significantly since 2015 to less than 1%.
The main vectors for transmission of the disease are the mosquito species Anopheles gambiae and Anopheles funestus.

Possible measures to combat malaria in Burkina Faso:

  • Distribution campaign called MILDA, which included impregnated mosquito nets with long duration of action (MILDA =Moustiquaires Imprégnées d'Insecticide à Longue Durée d'Action, insecticide)
  • Use of repellents indoors and on clothing.
  • Intermittent preventive treatment of malaria with oral medication of amodiaquine (TPI, Traitement Préventif Intermittent du paludisme) and seasonal malaria chemoprevention (CPS, Chimioprévention du Paludisme Saisonnier). The antimalarial drugs sulfadoxine-pyrimethamine and amodiaquine are administered to prevent infection.
  • Hygiene measures: construction of sewerage systems, cleaning of gutters, modification of water storage methods.
  • Larval control
  • Indoor spraying with insecticides.
  • Distribution of routine mosquito nets to pregnant women and children under one year of age,
  • Strengthening prevention for pregnant women.

Of these methods, the MILDA distribution campaign, the use of repellents, and the preventive treatment methods are working well so far.
The measures to improve hygiene conditions, indoor spraying with insecticides, and larval control have been implemented to a lesser extent. However, these three measures as well as the use of medicinal plants in preventive and curative treatment as well as educational measures for behavioral change should be addressed more intensively.

 

How is the use of Gene Drive technology discussed in your country as compared to other measures to combat malaria? Does the local population understand how the technology works? Do they agree to testing/using this technology? 

Genetically modified organisms (GMOs) are discussed controversially in Burkina Faso. For example, scientists and consumers have rejected genetically modified cotton.
Gene drives that are not yet in use are a contentious issue. A report by Target Malaria on the release of 6400 genetically modified mosquitoes in July 2019 states that the goal was not to fight malaria, but to test how long these mosquitoes live, how capable they are of adapting to the natural environment, and how they spread.
The citizens of Burkina Faso categorically oppose the future use of this technology. The resistance has made it possible to block a release in 2020. And we will continue to prevent a release. Local people in Burkina Faso know nothing about Gene Drives. Even the scientific community has difficulty understanding this technology. There is no free, prior and informed consent for the release of Gene Drives and there is no legislation on this issue in Burkina Faso.

In conclusion, malaria has become a business model in Africa. It is a health mafia that benefits the pharmaceutical industry and some governments. I strongly doubt the statistics published by the health authorities. To fight malaria in Africa, it is enough to develop a good policy of sanitation, create a plan for the ecological design of cities and villages, preserve ecosystems and biodiversity, increase literacy rates, and ensure virtuous governance in the states.

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Further interviews have been conducted with:

Andreas Wulf of Medico International, officer in the Berlin office for global health issues, who gives us information about the role of the Bill & Melinda Gates Foundation in international health policy and presents his view on necessary conditions for the implementation of the human right to health in Africa.
Click here for the interview

Pamela J. Weathers, professor and researcher at Worcester Polytechnic Institute in Massachusetts, USA, on the efficacy and controversial safety of Artemisia tea infusions for treating or preventing malaria.
Click here for the interview

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References provided by Mr. Tapsoba:

  1. World Health Organisation (2019). World Malaria Report 2019 World Health Organisation (2019).
  2. USAID President’s Malaria Initiative FY 2019 Burkina Faso Malaria Operational Plan
  3. USAID 2017: Financing of Universal Health Coverage and Family Planning - A Multi-Regional Landscape Study and Analysis of Select West African Countries: Burkina Faso
  4. Universal Health Partnership coverage (2019). http://uhcpartnership.net/country-profile/burkina-faso/(le lien est externe)(link is external)
  5. L’Économiste du Faso 2016
  6. https://www.la-croix.com/Sciences-et-ethique/Le-paludisme-lautre-epidemie-devastatrice-2020-07-17-1201105379
  7. https://www.jeuneafrique.com/654776/societe/burkina-controverse-autour-de-moustiques-ogm-contre-le-paludisme/
  8. https://www.lemonde.fr/afrique/article/2018/06/29/des-moustiques-ogm-contre-le-paludisme-le-projet-qui-fait-debat-au-burkina_5323380_3212.html

 


Mücke

Gene Drive Organismen erstmals im Gentechnikrecht reguliert

Gentechniksicherheitsverordnung: Erarbeitung spezifische Sicherheitsauflagen steht noch aus

Mit dem heutigen Inkrafttreten der Änderungen an der Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) werden Gene Drive Organismen explizit in den Geltungsbereich des deutschen Gentechnikrechts aufgenommen. Im Jahr 2019 wurde im Zuge einer Novellierung ein Verfahren für die Bestimmung von Sicherheitsauflagen für Laborexperimente mit Gene Drive Organismen (GDO) festgelegt. Bei GDO handelt es sich um eine neue Klasse gentechnisch veränderter, hochinvasiver Organismen, die dafür geschaffen werden, ihre gentechnische Veränderung möglichst schnell und flächendeckend in wildlebenden Populationen zu verbreiten.

Ab dem 1. März 2021 gilt nun, dass Gene Drive Organismen (für Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen gleichermaßen) zunächst grundsätzlich in die Sicherheitsstufe 3 von 4 eingestuft werden müssen. Das hat zur Folge, dass vor Beginn eines Laborexperimentes eine Genehmigung bei der zuständigen Landesbehörde eingeholt werden muss. Diese legt dann zusammen mit der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) eine passende Sicherheitsstufe zwischen 1 und 4 fest. Dabei sind der Sicherheitsstufe 4 laut Verordnung solche Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem hohen Risiko oder dem begründeten Verdacht eines solchen Risikos für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist – während bei Sicherheitsstufe 1 kein solches Risiko zu erwarten ist.

Die Einführung einer Genehmigungspflicht für Experimente mit hochinvasiven gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen ist ein wichtiger erster Schritt. Dieser ist dem Eingreifen des Bundesrats nach Intervention von Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden zu verdanken. Die Möglichkeit einer Einstufung in Sicherheitsstufen 1 und 2 nach einer Einzelfallbewertung durch die ZKBS halte ich jedoch für gefährlich
so Mareike Imken, Koordinatorin der europäischen Stop Gene Drive Kampagne.

Das liege darin begründet, dass die Gentechniksicherheitsverordnung weiterhin nicht auf die von Gene Drive Organismen ausgehenden Gefahren für Artenvielfalt und Umwelt durch die selbstständige und invasive Ausbreitung von gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen ausgelegt sei.

Bereits das Entkommen einzelner Versuchstiere, etwa von Gene Drive Fliegen oder Mücken aus einem Forschungslabor könnte erheblichen Schaden in der Umwelt verursachen und theoretisch zur Ausrottung wildlebender Populationen oder der gesamten Art führen. Deshalb sollten dringend spezifische Sicherheitsauflagen für Laborexperimente mit Gene Drive Organismen entwickelt werden, wie es die Erfinder dieser Gentechnologie und der Bundesrat  fordern. Außerdem muss die seit Jahren vakante Sachverständigenstelle zu Naturschutzfragen innerhalb der ZKBS nun schnell nachbesetzt werden. Eine Sicherheitseinstufung und Risikobewertung von Gene Drive Organismen ohne die  Beratung durch eine Naturschutzexpertin, darf es nicht mehr geben.
so Imken.

 

Zur GenTSV

Zum Beschluss des Bundesrates

Zum Verbändebrief an die Landeminister*innen

Empfehlungen zu Sicherheitsauflagen für die Gene Drive Forschung durch GD-Entwickler: