94 Verbände fordern: neue Gentechnikverfahren strikt regulieren, Gene Drives stoppen!

Insgesamt 94 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, internationale Zusammenarbeit, Kirchen, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Züchtung, Lebensmittelwirtschaft und Imkerei sowie Jugendorganisationen fordern die Bundesregierung in einem veröffentlichten Positionspapier vom 21.04.2021 dazu auf, in Deutschland und auf EU-Ebene alle derzeitigen wie künftigen Gentechnikmethoden und die daraus entstehenden gentechnisch veränderten Organismen (GVO) weiterhin unter dem bestehenden EU-Gentechnikrecht zu regulieren und zu kennzeichnen.

Anlass für dieses Positionspapier war eine Stellungnahme der EU-Kommission zur neuen Gentechnik in der Landwirtschaft vom 30. April 2021, das eine Änderung der EU-Gentechnikgesetzgebung in Betracht zieht. Seit Jahren hatten Industrie und Gentechnik-Befürworter*innen dafür geworben, neue Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas von der EU-Gentechnik-Richtlinie 2001/18/EG auszunehmen.

Demgegenüber hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) allerdings bereits in einem Urteil vom Juli 2018 klargestellt, dass auch neue Gentechnikverfahren Gentechnik im Sinne des europäischen Gentechnikrechts seien. Aus diesem Grund müssen laut der EU-Gentechnikrichtlinie im Sinne des EU-rechtlich verankerten Vorsorgeprinzips Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und menschlicher Gesundheit ergriffen werden. Dazu gehört nach aktuellem Gentechnikrecht eine Risikoprüfung vor Marktzulassung sowie eine Kennzeichnung der mittels Gentechnik erzeugten Produkte als “GVO”.

Aus Sicht der 94 Verbände ist die gentechnikfreie Züchtung, Saatguterzeugung, Land- und Lebensmittelwirtschaft sowie der Handel auf die Kennzeichnung von GVO, auf die Transparenz und Rückverfolgbarkeit sowie auf die Koexistenz- und Haftungsregelungen angewiesen, die das aktuelle Gentechnikrecht vorschreibt. Deshalb fordern sie mit ihrem Positionspapier die Bundesregierung dazu auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, die Wahl- und Gentechnikfreiheit durch fortgesetzte Kennzeichnung und Transparenz, Risikoprüfung vor Zulassung und Rückverfolgbarkeit zu sichern.

Sogenannte Gene Drives seien in diesem Kontext ein Extrembeispiel für die zusätzlichen Risiken und das Missbrauchspotential neuer Gentechnikverfahren. Mit ihnen sollen erstmals auch wild lebende Arten jenseits der Landwirtschaft gentechnisch verändert, dezimiert oder ausgerottet werden. Einmal freigesetzt, sei die gentechnische Kettenreaktion eines Gene Drive nicht mehr rückholbar oder zu kontrollieren. Im schlimmsten Falle könne dies zum Kollaps ganzer Ökosysteme führen.

Deshalb fordern die 94 Verbände in ihrem Positionspapier, die Freisetzung von Gene Drive Organismen in die Natur zu unterbinden. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Biodiversität brauche es ein globales Moratorium auf die Anwendung der Technologie  in der Natur.

 

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Links zu weiteren Pressemitteilungen:


162 Verbände fordern globales Gene Drive Moratorium

Eine breite Koalition von 162 Organisationen hat Frans Timmermans, dem Vize-Präsidenten der Europäischen Kommission, einen offenen Brief geschrieben. Sie fordert, Pflanzen und Tiere, die mit neuen gentechnischen Methoden verändert wurden, auch in Zukunft strikt zu regulieren. Ferner soll die EU-Kommission ein weltweites Moratorium für Gene Drive-Organismen unterstützen.

Die bestehenden EU-Gentechnik-Standards sicherten die Umsetzung des Vorsorgeprinzips und schützten Umwelt und Verbraucher, schrieben die Organisationen aus den Bereichen Umwelt- und Verbraucherschutz, Land- und Lebensmittelwirtschaft. Bauern und Konsumenten könnten frei wählen, ob sie gentechnisch veränderte Pflanzen essen oder anbauen wollen. Aktueller Anlass für den offenen Brief ist eine Studie über den derzeitigen Status und die zukünftige Regulierung gentechnisch veränderter Organismen in der Europäischen Union (EU). Die Regierungen der europäischen Mitgliedstaaten hatten die EU-Kommission im November 2019 aufgefordert, eine solche Studie zu erstellen. Sie soll verschiedene Aspekte berücksichtigen, darunter den wissenschaftlichen Fortschritt, die rechtliche Situation, wie auch eine Veröffentlichung der „Europäischen Gruppe für Ethik in Wissenschaft und neuen Technologien". Die Europäische Kommission hat angekündigt, die Studie Ende April zu veröffentlichen.

Ferner fordern die Autoren des Briefes an Timmermans und andere Mitglieder der EU-Kommission, diese solle sich dafür einsetzen, dass die Regelung der Gentechnik in Großbritannien auch nach dem Brexit EU-konform bleibt. Denn die britische Regierung plant aktuell, ihr Gentechnikrecht zu überarbeiten. Wie der Infodienst berichtete, hatte sie dafür Anfang des Jahres Betroffene zu einem Konsultationsverfahren eingeladen, das Mitte März endete. Die Organisationen fordern Timmermans jetzt auf, sich bei der Regierung von Großbritannien dafür stark zu machen, diese Pläne fallen zu lassen. Denn wenn gentechnisch veränderte Pflanzen in Großbritannien künftig weniger streng geregelt würden, würde das auch den Handel mit der EU betreffen.

Schließlich fordern die 162 Organisationen, die EU-Kommission solle sich für die Unterstützung eines weltweiten Moratoriums über die Nutzung von sogenannten Gene Drive-Organismen einsetzen. Gene Drive-Organismen entstehen aus einer besonderen Anwendung der neuen Gentechnik. Diese birgt die Gefahr, dass ganze Arten von Organismen stark dezimiert oder ausgerottet werden könnten. Das Europäische Parlament hatte sich bereits im Januar 2020 im Sinne einer Petition für ein globales Moratorium ausgesprochen. Gerade in Zeiten einer „ökologischen Krise, wenn eine Million Arten bedroht sind“, könne nicht mit einer Technologie experimentiert werden, die auch als „Aussterben nach Bedarf“ bezeichnet wird, so die Begründung.

 


162 organizations call for global gene drive moratorium

A broad coalition of 162 organizations has sent an open letter to Frans Timmermans, Vice President of the European Commission. It demands that plants and animals modified using new genetic engineering methods continue to be strictly regulated in the future. Furthermore, the EU Commission should support a global moratorium on gene drive organisms.

The existing EU genetic engineering standards ensure the implementation of the precautionary principle and protect the environment and consumers, wrote the organizations from the fields of environmental and consumer protection, agriculture and the food industry. Farmers and consumers would be free to choose whether to eat or grow genetically modified crops. The current occasion for the open letter is a study on the current status and future regulation of genetically modified organisms in the European Union (EU).  The governments of the European member states had asked the EU Commission in November 2019 to prepare such a study. It should take into account various aspects, including scientific progress, the legal situation, as well as a publication of the "European Group on Ethics in Science and New Technologies." The European Commission has announced that they will publish the study at the end of April.

The authors of the letter to Timmermans and other members of the EU Commission also call on the Commission to ensure that the regulation of genetic engineering in the UK remains EU-compliant after Brexit. This is because the British government is currently planning to revise its genetic engineering legislation. As reported by Infodienst, it invited stakeholders to a consultation process at the beginning of the year, which ended in mid-March. The organizations are now calling on Timmermans to lobby the UK government to drop these plans. If genetically modified plants were to be less strictly regulated in the UK in the future, this would also affect the trade with the EU.

Finally, the 162 organizations call for the EU Commission to support a worldwide moratorium on the use of so-called gene drive organisms. Gene drive organisms result from a special application of new genetic engineering. This poses the risk that entire species of organisms could be severely decimated or wiped out. The European Parliament had already spoken out in favor of a global moratorium in January 2020 in the form of a petition. Especially in times of "ecological crisis, when a million species are threatened," experiments with a technology that is also referred to as "extinction on demand" cannot be carried out, according to the justification.

 


Mücke

Gene Drive Organismen erstmals im Gentechnikrecht reguliert

Gentechniksicherheitsverordnung: Erarbeitung spezifische Sicherheitsauflagen steht noch aus

Mit dem heutigen Inkrafttreten der Änderungen an der Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) werden Gene Drive Organismen explizit in den Geltungsbereich des deutschen Gentechnikrechts aufgenommen. Im Jahr 2019 wurde im Zuge einer Novellierung ein Verfahren für die Bestimmung von Sicherheitsauflagen für Laborexperimente mit Gene Drive Organismen (GDO) festgelegt. Bei GDO handelt es sich um eine neue Klasse gentechnisch veränderter, hochinvasiver Organismen, die dafür geschaffen werden, ihre gentechnische Veränderung möglichst schnell und flächendeckend in wildlebenden Populationen zu verbreiten.

Ab dem 1. März 2021 gilt nun, dass Gene Drive Organismen (für Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen gleichermaßen) zunächst grundsätzlich in die Sicherheitsstufe 3 von 4 eingestuft werden müssen. Das hat zur Folge, dass vor Beginn eines Laborexperimentes eine Genehmigung bei der zuständigen Landesbehörde eingeholt werden muss. Diese legt dann zusammen mit der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) eine passende Sicherheitsstufe zwischen 1 und 4 fest. Dabei sind der Sicherheitsstufe 4 laut Verordnung solche Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem hohen Risiko oder dem begründeten Verdacht eines solchen Risikos für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist – während bei Sicherheitsstufe 1 kein solches Risiko zu erwarten ist.

Die Einführung einer Genehmigungspflicht für Experimente mit hochinvasiven gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen ist ein wichtiger erster Schritt. Dieser ist dem Eingreifen des Bundesrats nach Intervention von Umwelt- und Landwirtschaftsverbänden zu verdanken. Die Möglichkeit einer Einstufung in Sicherheitsstufen 1 und 2 nach einer Einzelfallbewertung durch die ZKBS halte ich jedoch für gefährlich
so Mareike Imken, Koordinatorin der europäischen Stop Gene Drive Kampagne.

Das liege darin begründet, dass die Gentechniksicherheitsverordnung weiterhin nicht auf die von Gene Drive Organismen ausgehenden Gefahren für Artenvielfalt und Umwelt durch die selbstständige und invasive Ausbreitung von gentechnisch veränderten Gene Drive Organismen ausgelegt sei.

Bereits das Entkommen einzelner Versuchstiere, etwa von Gene Drive Fliegen oder Mücken aus einem Forschungslabor könnte erheblichen Schaden in der Umwelt verursachen und theoretisch zur Ausrottung wildlebender Populationen oder der gesamten Art führen. Deshalb sollten dringend spezifische Sicherheitsauflagen für Laborexperimente mit Gene Drive Organismen entwickelt werden, wie es die Erfinder dieser Gentechnologie und der Bundesrat  fordern. Außerdem muss die seit Jahren vakante Sachverständigenstelle zu Naturschutzfragen innerhalb der ZKBS nun schnell nachbesetzt werden. Eine Sicherheitseinstufung und Risikobewertung von Gene Drive Organismen ohne die  Beratung durch eine Naturschutzexpertin, darf es nicht mehr geben.
so Imken.

 

Zur GenTSV

Zum Beschluss des Bundesrates

Zum Verbändebrief an die Landeminister*innen

Empfehlungen zu Sicherheitsauflagen für die Gene Drive Forschung durch GD-Entwickler:


Umfrage: Mehrheit von EU Bürger*innen lehnt gentechnische Veränderung von wildlebenden Arten ab

Sollte die Menschheit Gene Drive Organismen in die Natur entlassen?

Die Antwort einer deutlichen Mehrheit der Bürger*innen in acht europäischen Ländern lautet: „Nein, die Risiken sind zu hoch“.

Die erste länderübergreifende Meinungsumfrage zu diesem Thema zeigt eine hohe Ablehnung (je nach Land 46 - 70 Prozent) und eine sehr geringe Unterstützung (7 - 16 Prozent) für den Einsatz der Gene-Drive-Technologie in der Umwelt. Die Umfrage unter fast 9.000 Personen ist repräsentativ für 280 Millionen EU-Bürger*innen. Sie wurde von neun Nichtregierungsorganisationen in Auftrag gegeben, die eine informierte und umfassende öffentliche Debatte und ein weltweites Moratorium für die Freisetzung dieser neuen Art von gentechnisch veränderten Organismen fordern. Die Umfrage zeigt auch, dass ein großer Teil der Befragten in Bezug auf diese Fragen noch unentschieden ist (14 - 27 Prozent) oder es nicht weiß (1 - 24 Prozent).

„Eine derart mächtige Technologie mit potenziell irreversiblen Folgen für wildlebende Arten und alle ihre Ökosysteme muss durch strenge internationale Regeln und Verfahren der Entscheidungsfindung kontrolliert werden. Wir sind der Meinung, dass die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen aus dem Labor in die Umwelt überhaupt nicht stattfinden sollte. Zumindest bedürfte es strenger internationaler Standards für eine Technikfolgen- und Risikobewertung und einen globalen Konsens für jede Freisetzung auf Basis einer vorherigen inklusiven, demokratischen Entscheidungsfindung aller potenziell betroffenen Staaten und Völker“, erklärt die Koordinatorin der Europäischen „Stop Gene Drives“ Kampagne, Mareike Imken von Save Our Seeds, Deutschland.

Unter den befragten Deutschen liegt die Zustimmung zu einem globalen Anwendungsaufschub für erste Gene-Drive-Experimente bei 65 Prozent. Einem im Vergleich zu den anderen Erhebungsländern niedrigeren Wert. Demgegenüber sehen die Deutschen mit nur rund 7 Prozent Zustimmung die Vorteile der Gene-Drive-Technologie im Vergleich zu den anderen Erhebungsländern am negativsten. Begründen lassen sich diese Ergebnisse möglicherweise mit einem im Ländervergleich überdurchschnittlich hohen Anteil von 21 Prozent der Deutschen, die sich noch nicht in der Lage sehen, eine abschließende Meinung zur Abwägung von Risiken oder auch Vorteilen der Gene-Drive-Technologie zu bilden.

Die repräsentative Umfrage wurde von dem internationalen Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführt und befragte 8.826 Bürger*innen aus den acht EU-Ländern Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Dänemark, Schweden und Bulgarien im Dezember 2020. In Auftrag gegeben wurde die Umfrage von einem Bündnis aus den Organisationen WeMove Europe, Save Our Seeds/Zukunftsstiftung Landwirtschaft (Deutschland), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) (Deutschland), Deutscher Naturschutzring (DNR) (Deutschland), Umweltinstitut München (Deutschland), France Nature Environnement (FNE) (Frankreich), POLLINIS (Frankreich), OGM Dangers (Frankreich) und Skiftet (Schweden), Za Zemiata (Bulgarien).

Downloads

Offener Brief von über 200 Organisationen weltweit, die ein globales Gene Drive Moratorium fordern (eng)

Resolution des europäischen Parlaments für ein weltweites Gene Drive Moratorium (eng)

 


Survey: EU citizens reject genetic engineering of wild species with Gene Drives

Should humanity release genetically engineered gene drive organisms into nature? The response of a majority of citizens in eight European countries is: “No, the risks are too high”. This first opinion poll on the subject shows high levels of rejection (46% - 70%) and very low levels of support (7% - 16%) for the use of Gene Drive technology in the environment. The survey amongst nearly 9.000 people is representative of 280 million EU citizens. It was commissioned by nine NGOs demanding an informed and inclusive public debate and a global moratorium on the environmental release of this new type of genetically modified organisms. The survey also reveals that a large proportion of respondents is still undecided (14% - 27%) or did not know how to answer (1% - 24%).

"Such a powerful technology with potentially irreversible consequences for wild species and all their ecosystems must be controlled by strict international rules and procedures of decision making. We do not believe that the release of gene drive organisms from the lab into the environment should happen at all. At least, it would require strict international standards of risk and technology assessment and a prior inclusive, democratic decision making based on precaution and the prior informed consent of all peoples and states potentially affected" states Mareike Imken from Save Our Seeds, Germany, who coordinates the European Stop Gene Drive campaign."

A large majority of respondents (65%-82%) agree that environmental releases of gene drive organisms should be postponed until there is scientific proof that their release would not harm biodiversity, human health, agriculture or peace. A similar majority (61% - 85%) agrees that the authorisation of environmental releases of gene drive organisms that could spread globally should require a global consensus.

This representative survey was conducted by the international market research institute YouGov and polled 8.826 citizens, from 8 EU countries, including Germany, Italy, France, Spain, Poland, Denmark, Sweden and Bulgaria in December 2020. It was commissioned by WeMove Europe, Save Our Seeds (Germany), Skiftet (Sweden), France Nature Environnement (FNE) (France), POLLINIS (France), OGM Dangers (France), Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) (Germany), Deutscher Naturschutzring (DNR) (Germany), Umweltinstitut München (Germany), Za Zemiata (Bulgaria).

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Download YouGov Results Gene-Drive Opinion Poll | PDF

Download Gene Drive Acceptance Survey - A graphic overview of the results | PDF

Further information

EU-wide petition for global gene drive moratorium

Open letter by 78 european organizations to the EU Commission calling for a global gene drive moratorium

Open letter by over 200 organizations worldwide calling for global gene drive moratorium

Resolution of the European Parliament for a global gene drive moratorium


Online-Discussion: Gene Drives - Protecting People and Nature through Genetic Extermination?

 

Ricarda Steinbrecher, geneticist and board member of the European Network for Scientists for Social and Environmental Responsibility (ENSSER), emphasized that it is difficult or even impossible to make reliable predictions about the effects of a future application of Gene Drives, especially at the current time. After all, organisms are released which then independently carry out the genetic modifications in each generation. "Mistakes can be made every time. Every time, something else can be added." To ensure the preservation of biodiversity, new technologies such as Gene Drives must be looked at very closely to ensure that they do not pose any risks to our ecosystems. This is why she strongly advocated the precautionary principle during the international negotiations on the regulation of gene drive technology at the UN Convention on Biological Diversity. As a long-standing scientific advisor and participant in expert groups within the UN Convention on Biological Diversity, she reported that there is a strong influence of lobby groups on these expert bodies: For example, the Bill & Melinda Gates Foundation, one of the main financiers of the technology, had invested 1.6 million dollars in a PR agency to increase the acceptance of Gene Drives. She concluded: "The pressure to implement this technology is not commensurate with the risk."

Ali Tapsoba de Goamma, human rights and environmental activist from Burkina Faso and spokesperson for a civil society association of 40 organizations for agroecology and against Gene Drives (CCAE), reported that since 2012, the project Target Malaria has been preparing to decimate malaria-transmitting mosquitoes in Burkina Faso by means of Gene Drives. In 2019, the first field tests with genetically modified male mosquitoes that are not capable of reproducing took place, but not any Gene Drive Organisms have been released yet. Ali Tapsoba de Goamma criticized that Target Malaria had obtained the consent of the government and village leaders for these tests, but not the consent of the entire population of Burkina Faso. Rather, they had taken advantage of the fact that there are so many illiterate people in the local villages. The majority of the inhabitants of Burkina Faso are against these experiments. He raised the question: "Why not try this first in scientifically better equipped countries, but in Burkina Faso?" In his view, Burkina Faso was in a position to combat malaria itself. He said that this does not require gene drives, but a good health concept.

Dr. Andreas Wulf, doctor and consultant for global health at the medical emergency aid organization Medico International, emphasized that epidemics like malaria require long-term strategies. The idea of trying to solve such a disease with the one-time use of a technology without continued commitment is questionable, he said. One should not rely on such a "technological fix". Experience in combating other epidemics has shown that the success of the measures depends on good cooperation with the people on the ground and finding local solutions. He also criticized from a democratic point of view: "It is a problem that so much decision-making power is given to these private actors, the companies / foundations. A handful of people choose which area of research to invest in. In addition, the media coverage of research is also financially supported by these foundations". Dr. Andreas Wulf concluded that these private funds need to be embedded in the public health systems.

Mareike Imken, head of the Stop Gene Drive campaign of Save Our Seeds, explained that with the European campaign, which is supported by many organizations throughout Europe, she wanted to initiate a critical discussion in society and politics about "whether and if so, under what circumstances we want to use this technology and what restrictions it needs."
She went on to explain: "Gene Drives provides us as humanity with a tool to specifically eradicate or change wild species. In times of a species extinction that is existential for mankind, this must be considered and ethically discussed. This should not be decided lightly by those few people". She also points out that "the knowledge about Gene Drives is not yet sufficiently advanced".
In order to have time for this discussion, in-depth risk research including technology assessment and the development of internationally valid rules and decision-making mechanisms, a global moratorium on the release of gene drive organisms is needed. This moratorium must be adopted at the next Conference of the Parties of the UN Convention on Biological Diversity (COP 15).

 


Online-Veranstaltung zu Gene Drives: Mit gentechnischer Ausrottung Menschen und Natur schützen?

Ricarda Steinbrecher, Genetikerin und Vorstandsmitglied des European Networks for Scientists for Social and Environmental Responsibility (ENSSER) betonte, dass es – vor allem zum aktuellen Zeitpunkt – schwer bis unmöglich sei, verlässliche Vorhersagen über die Auswirkungen einer zukünftigen Anwendung von Gene Drives zu machen. Schließlich setze man Organismen frei, die dann selbstständig in der Natur die gentechnischen Veränderungen in jeder Generation von Neuem vornähmen. „Jedes Mal können Fehler eingebaut werden. Jedes Mal kann etwas Anderes noch dazu kommen.“ Um den Erhalt der Biodiversität zu gewährleisten, müsse man sich neue Technologien wie Gene Drives sehr genau anschauen, um sicherzustellen, dass von ihnen keine Risiken für die Ökosysteme ausgingen. Deshalb setzte sie sich bei den internationalen Verhandlungen um die Regulierung der Gene Drive Technologie bei der UN Biodiversitätskonvention stark für das Vorsorgeprinzip ein. Als langjährige wissenschaftliche Beraterin und Teilnehmerin von Expertengruppen innerhalb der UN Biodiversitätskonvention berichtete sie, dass es eine starke Einflussnahme von Lobbygruppen auf diese Expertengremien gebe: So habe die Bill & Melinda Gates Stiftung, einer der Hauptfinanziers der Technologie, 1,6 Millionen. Dollar in eine PR-Agentur gesteckt, um die Akzeptanz von Gene Drives zu erhöhen. Sie schlussfolgerte: „Der Druck das umzusetzen ist nicht angemessen, gegenüber dem Risiko.“

Ali Tapsoba de Goamma, Menschenrechts- und Umweltaktivist aus Burkina Faso und Sprecher eines 40 Organisationen umfassenden zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses für Agrarökologie und gegen Gene Drives (CCAE) berichtete, dass in Burkina Faso seit 2012 das Projekt Target Malaria Faso Vorbereitungen treffe, um mittels Gene Drives malariaübertragende Mücken zu dezimieren. Im Jahr 2019 hätten erste Freiland-Tests mit gentechnisch veränderten, nicht fortpflanzungsfähigen männlichen Mücken stattgefunden, die jedoch noch keinen Gene Drive in sich getragen hätten. Ali Tapsoba de Goamma kritisierte, dass Target Malaria sich für diese Tests zwar das Einverständnis der Regierung und der Dorfvorsteher, nicht aber die Zustimmung der gesamten Bevölkerung von Burkina Faso eingeholt habe. Vielmehr hätten sie es sich zu Nutzen gemacht, dass es in den lokalen Dörfern so viele Analphabeten gebe. Die Mehrheit der Menschen in Burkina Faso sei gegen diese Experimente. Er warf die Frage auf: „Warum probiert man das nicht erst in wissenschaftlich besser ausgestatteten Ländern, sondern in Burkina Faso?“ Aus seiner Sicht sei Burkina Faso in der Lage, die Malaria selbst zu bekämpfen. Dafür brauche es keine Gene Drives, sondern ein gutes Gesundheitskonzept.

Dr. Andreas Wulf, Arzt und Referent für globale Gesundheit bei der medizinischen Nothilfeorganisation Medico International betonte, dass es bei Epidemien wie Malaria auf langfristige Strategien ankäme. Die Idee, eine solche Krankheit mit dem einmaligen Einsatz einer Technologie ohne fortgeführtes Engagement lösen zu wollen, sei bedenklich. Man dürfe sich nicht auf einen solchen „technologischen Fix“ verlassen. Im Gegenteil habe die Erfahrung bei der Bekämpfung anderer Epidemien gezeigt, dass es für den Erfolg der Maßnahmen darauf ankomme, gut mit den Menschen vor Ort zusammenzuarbeiten und lokale Lösungen zu finden. Darüber hinaus kritisierte er aus demokratischer Sicht: „Es ist ein Problem, dass diesen privaten Akteuren, den Unternehmen / Stiftungen so viel Entscheidungsmacht zugesprochen wird. Eine Handvoll Menschen entscheiden, in welchen Bereich der Forschung investiert wird. Zudem wird auch die mediale Berichterstattung zur Forschung von diesen Stiftungen finanziell begleitet.“ Es brauche eine Einbettung dieser privaten Gelder in die öffentlichen Gesundheitssysteme schlussfolgerte Dr. Andreas Wulf.

Mareike Imken, Leiterin der Stop Gene Drive Kampagne von Save Our Seeds legte dar, dass sie mit der europäischen Kampagne, welche von vielen Organisationen europaweit unterstützt werde, eine kritische Diskussion in Gesellschaft und Politik darüber anstoßen wolle, „ob und wenn ja, unter welchen Umständen wir diese Technologie nutzen wollen und welche Einschränkungen sie braucht.“
Sie erklärte weiter: „Mit Gene Drives bekommen wir als Menschheit ein Werkzeug an die Hand, um wildlebende Arten gezielt auszurotten oder zu verändern. In Zeiten eines für die Menschheit existenziellen Artensterbens ist dies zu bedenken und ethisch zu diskutieren. Das sollte nicht leichtfertig von wenigen entschieden werden.“ Auch stellt sie heraus, dass "das Wissen zu Gene Drives noch nicht weit genug fortgeschritten“ ist.
Um Zeit für diese Diskussion, vertiefte Risikoforschung incl. Technikfolgenabschätzung und die Entwicklung international gültiger Regeln und Entscheidungsmechanismen zu haben, brauche es ein globales Moratorium auf die Freisetzung von Gene Drive Organismen. Dieses müsse bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz der UN Biodiversitätskonvention (COP 15) beschlossen werden, um erste Freisetzungsversuche aufzuschieben und abzusichern.

 


78 Verbände fordern EU Kommission zum Stopp der Gene Drive Risikotechnologie auf

In einem offenen Brief rufen 78 Umwelt-, Agrar-, Tierschutz- und Entwicklungsorganisationen aus ganz Europa die EU-Kommission dazu auf, die Freisetzung sogenannter Gene Drive Organismen in der EU und international zu ächten.

Die unterzeichnenden Organisationen, unter ihnen der Deutsche Naturschutzring (DNR), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Save Our Seeds und die Aurelia Stiftung fordern von der EU, sich auf der nächsten Vertragsstaatenkonferenz (COP 15) der UN-Biodiversitätskonvention für ein globales Moratorium auf die Freisetzung von Gene Drive Organismen einzusetzen. Dasselbe verlangt auch das Europäische Parlament in einem Entschließungsantrag vom Januar dieses Jahres und ist damit einem Aufruf von über 200 Unterzeichner*innen aus Europa und weltweit gefolgt.

„Gene Drives sind ein immenses Risiko für Ökosysteme“, so die unterzeichnenden Verbände einstimmig. "Die EU muss sich für ein globales Moratorium einsetzen und gleichzeitig mit gutem Beispiel vorangehen. Dieser Risikotechnologie muss ein Riegel vorgeschoben werden.“

Mithilfe des Gentechnikverfahrens CRISPR/CAS9 werden im Labor Mücken, Mäuse, Fruchtfliegen und andere Organismen erzeugt, die eine bestimmte Eigenschaft mitsamt dem Mechanismus zur gentechnischen Manipulation künftiger Generationen an sämtliche Nachkommen vererben. So können Gene Drive Organismen ihre Artgenossen in der Natur ersetzen. Die Gene Drive Eigenschaft setzt sich auch dann durch, wenn sie für das Überleben der Art tödlich ist. Eingesetzt werden soll die Technologie zur Bekämpfung sogenannter Agrarschädlinge, invasiver Arten und krankheitsübertragender Insekten.

Thomas Radetzki, Vorstandsvorsitzender der mitunterzeichnenden Aurelia Stiftung kommentiert: „Die Vielfalt der Arten, auch der Bienen und ihrer Lebensräume, ist in existenzieller Weise bedroht. Die Gene Drive Technologie könnte massiv in diese bereits geschädigten Ökosysteme eingreifen. Ihre Risiken sind offenkundig. Die Anwendung der Technologie widerspricht daher dem Vorsorgeprinzip, das sowohl in der EU als auch international die Grundlage für das Naturschutzrecht bildet.“

Mit Blick auf die Risiken für eine intakte Umwelt und die menschliche Gesundheit erklärt Mareike Imken von Save Our Seeds und Initiatorin der europäischen Kampagne „Stop Gene Drives“: „Die von Gene Drive Organismen ausgehenden Umwelt- und Gesundheitsrisiken sind nicht ansatzweise erforscht. Eine Vorhersage, Eingrenzung oder Umkehrung ihrer Effekte in der Natur sind unmöglich. Deshalb ist bereits ihre Erforschung riskant: schon wenige Gene Drive Organismen, die aus dem Labor entkommen, können eine unkontrollierbare gentechnische Kettenreaktion in der Natur auslösen. Ein Moratorium gibt uns die Zeit, offene Fragen zu klären und fehlende Regularien und Entscheidungsmechanismen zu etablieren. Vorher sollte niemand auf der Welt diese Risikotechnologie nutzen.“

„Der Verlust an Biodiversität ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Es ist daher unverantwortlich, Arten und Ökosysteme weiteren Risiken auszusetzen. Eine Freisetzung von Gene Drive Organismen in die Natur ist mit enormen Risiken verbunden und erfordert eine viel umfangreichere Technikfolgenabschätzung, Risikobewertung und Überwachung, als das in Europa und in vielen anderen Ländern aktuell gesetzlich vorgeschrieben wird. Da eine grenzüberschreitende, effektive Kontrolle der Ausbreitung von Gene Drive Organismen nicht möglich ist, gibt es nur eine Möglichkeit: ein weltweites Moratorium“, erläutert Undine Kurth, Vizepräsidentin des Deutschen Naturschutzrings als Mitunterzeichnerin des Briefes.

„Auch Gene Drives werden das Problem von invasiven Arten nicht lösen können - im Gegenteil haben sie das Potential, neue invasive Arten mit unbekannten Eigenschaften zu schaffen“, erklärt Antje von Broock, Geschäftsführerin für Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Mit der kürzlich durch die EU-Kommission vorgestellten EU-Biodiversitätsstrategie will die EU eine globale Vorreiterrolle zum Schutz der Biodiversität einnehmen und dem Artensterben ein Ende setzen.  Wir sagen nein zu Gedankenspielen, mit Gene Drives die gezielte Ausrottung von Arten unter dem Deckmantel des Naturschutzes zu betreiben.“

Abschließend fordern alle Verbandsvertreter*innen die EU dazu auf, zum Schutz von Mensch und Umwelt zu handeln: „Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung in ihrer Rolle als Vorsitzende des EU-Rats sollten dem Ruf des Europaparlaments folgen und ein vorläufiges Freisetzungsverbot von Gene Drive Organismen auf die internationale Agenda setzen.“

Die gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DNR, SOS und der Aurelia Stiftung finden Sie hier:

Hintergrund:

Zum offenen  Verbändebrief an die EU Kommission.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Januar 2020 zu der 15. Tagung der Konferenz der Vertragsparteien (COP15) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (2019/2824(RSP)).

A Call to Protect Food Systems from Genetic Extinction Technology: The Global Food and Agriculture Movement Says NO to Release of Gene Drives.

Verbändebrief an Europaparlamentarier*innen vom Januar 2020.


78 organizations call on the European Commission to enact a temporary ban on the novel Gene Drive technology

Gene Drive technology: Species extinction through genetic engineering?

In an open letter initiated by Greenpeace EU, Friends of the Earth Europe, IFOAM EU and the German initiative Save Our Seeds, 78 environmental, agricultural, animal welfare and development aid organizsations from all over Europe are calling on the EU Commission to outlaw the release of so-called Gene Drive Organisms in the EU and internationally. With this new application of genetic engineering, entire animal populations and species in nature could be reprogrammed or eradicated.

Enabled by the genetic engineering method CRISPR/CAS9, mosquitoes, mice, fruit flies and other organisms can be manipulated in the laboratory to pass on a certain trait and the mechanism for genetic manipulation to all offspring and across generations. In this way, Gene Drive Organisms can replace their relatives in nature. The Gene Drive trait also asserts itself when it is deadly to the survival of the species – thereby ovveriding the normal rules of evolutionary selection.

The signatory organisations are calling on the EU to advocate a global moratorium on the release of Gene Drive Organisms at the next Conference of the Parties (COP 15) to the UN Convention on Biological Diversity (CBD). The European Parliament had already called for such a moratoirum in a resolution from January this year, responding to a call from over 200 signatories from Europe and worldwide.

"The loss of biodiversity is one of the greatest challenges of our time. While the risks of Gene Drive technology have not yet been scientifically assessed, it could have a massive impact on already damaged ecosystems. It is irresponsible to expose species and ecosystems to further risks“ explains the initiator of the European "Stop Gene Drives" campaign, Mareike Imken from the German initiative Save Our Seeds.

She adds: „The EU Commission recently presented its biodiversity strategy, with which it wants to make the EU a global pioneer for the protection of biodiversity and put an end to the ongoing mass extinction of species. The Gene Drive technology however is designed to drive wild populations and species into self destruction. The use of such a technology contradicts the aim of biodiversity conservation and the precautionary principle, which is the basis for international and EU nature conservation law. A global moratorium would give us the time to assess environmental and health risks, publicly evaluate and discuss this technology and to establish missing regulations and global decision-making mechanisms. In the meanwhile, noone in the world should use this technology."

The open letter signed by 78 organizations can be found here.

Download press release | PDF

Further reading:

Policy briefing: „Why a global moratorium on the release of Gene Drive Organisms is necessary“ by Save Our Seeds

Executive Summary of „Gene Drives: A report on the science, applications, social aspects, ethics and regulations.“ By the European Network of Scientists for Social and Environmental Responsability (ENSSER), Critical Scientist Switzerland and the Federation of German Scientists (VDW), published in 2019.

Short documentary on the science, applications, ecological and social ramifications and necessary regulation of Gene Drive technology with statements from international experts, based on the findings of the report (above).

Further information on gene drives:
www.stop-genedrives.eu/en